*Irgendwann nachts entstanden, also Grammatik, Rechtschreibung und Stil nicht all zu ernst nehmen*
Es war einmal ein König, der hatte zwei Söhne mit Namen Jiro und Udai. Jiro war stark und der beste Jäger im gesamten Königreich. Udai hingegen war eher schmächtig, verbrachte allerdings viel Zeit in der Bibliothek des Schlosses und galt bald als einer der herausragendsten Gelehrten. Da der König schon alt war rief er seine beiden Söhne zu sich und verkündete, dass er gedenke, die Königswürde unter ihnen aufzuteilen, sofern sie sich darauf verständigen könnten, wie ein derartiger Wechsel vollbracht werden könne.
Obgleich Udai der ältere von beiden war und die alleinige Königswürde ihm zugestanden hätte, war er gerne bereits, sich mit seinem Bruder zusammenzusetzen und über den Vorschlag ihres Vaters zu diskutieren. Es wurde schnell klar, dass die beiden Brüder grundsätzlich anderer Meinung darüber waren, wie ein Reich zu regieren sei. Jiro vertrat die Ansicht, dass man immer für das Schlimmste vorbereitet sein sollte und eine starke Armee benötige, um das Reich gegen alle Feinde zu verteidigen. Udai hingegen - der die Mannigfaltige Geschichte sämtlicher Königreiche der Region kannte - vertrat die Ansicht, dass eine starke Armee lediglich als Bedrohung angesehen würde und er keinen Fall kenne, in dem eine starke Armee nicht irgendwann in irgendeiner Form auch eingesetzt worden wäre. Jiro fand das natürlich Unsinn und er bemühte sich zu versichern, dass er keinesfalls plane, die benachbarten Königreiche zu erobern. Udai sagte daraufhin, dass er ihm dies gerne glauben würde, er jedoch anderer Ansicht war.
Nach vielen Tagen langen Diskutierens bis spät in die Nacht hinein, einigten sie sich schließlich darauf, dass die einzige Möglichkeit daran bestünde, dass Königreich in zwei alliierte Reiche aufzuteilen in dem jeder nah seinen eigenen Gutdünken walten könne. Natürlich war der König von diesem Vorschlag alles andere als begeistert, da es ihn so viele Mühen und Kriege gekostet hatte, das Land zu einen. Doch Udai schaffte es, ihn davon zu überzeugen, dass dies die die beste Lösung sei. Zudem erklärte Jiro seinem Vater in einem privaten Gespräch, dass Udai mit seinen sonderbaren Ansichten ein schrecklicher König wäre, sollte ihm die alleinige Herrschaft zufallen. er allerdings würde ganz die Herrschaft ganz in seinem Sinne fortsetzen und dem Reich seines Bruders immer beistehen, sollte es einmal in Bedrängnis geraten - was seiner Ansicht nach nicht all zu lange dauern könne.
Schließlich entschied der König, dass er seine Regentschaft an seine Söhne übertragen würde, sich jedoch das Recht vorbehalte, jederzeit in sein Amt zurückzukehren, sollte der Vorschlag seiner Söhne nicht funktionieren. Und so kam es, dass das Königreich in zwei Teile aufgeteilt wurde, wobei Udai der deutlich kleinere Teil zugesprochen wurde. Jiro konnte nicht verstehen, warum sein Bruder auf so viel fruchtbares Land verzichtete und sich stattdessen mit einer kargen Region begnügte dessen Bewohner in der Vergangenheit schon mehr als einmal den Aufstand geprobt hatte. Udai erwiderte darauf lediglich, dass das rebellische Verhalten von starkem Charakter zeuge.
Wie abzusehen, beschäftigte sich Jiro die nächsten Jahre damit, das Heer seine Vaters zu übernehmen und nach seinen Vorstellungen zu modernisieren und aufzurüsten, wozu er viele Steuern erlassen musste, mit denen vieler seiner Untertanen alles andere als zufrieden waren. Doch da das Land reich und fruchtbar war musste niemand ernsthaft leiden und natürlich wagte niemand, sich einem derartig wehrhaften König zu widersetzen. Gemeinhin vertrat man die Ansicht, dass Jiro zwar ein harter König war, sich jedoch ganz im Sinne des Landes einsetze. Bereits nach wenigen Jahren kam der alte König zu dem Schluss, dass ihm sein jüngerer Sohn nicht zu viel versprochen hatte.
Udai hingegen hatte einen weit weniger ruhmreichen Start. Er begnügte sich mit einer sehr bescheidenen Wache und es kam zu einigen kleineren Aufständen, die - sehr zur Überraschung der Untertanen - nicht zerschlagen wurden. Stattdessen lud der König die Anführer der Aufständischen zu Gesprächen ein und schaffte es jedes Mal, sie von seinen Ansichten und Absichten zu überzeugen. So kehrte in dem Reich des älteren Bruders nach einigen Jahren ebenfalls Stabilität ein und die Erträge des kargen Landes wuchsen beachtlich. Auch wenn es dem alten König missfiel musste er doch eingestehen, dass Udai trotz seiner merkwürdigen Methoden doch ein sehr guter Regent war.
Im Laufe der nächsten Jahre entschieden sich viele von Jiro's Untertanen dazu, dass sie in Udai's Reich ein viel besseres Auskommen haben würden. Schließlich sah sich Jiro dazu genötigt einzuschreiten und verlangte von Udai, dessen Grenzen gegenüber seinen treulosen Gesellen zu schließen. Udai erwiderte darauf das er keine Wachen habe, um seine Grenzen zu überwachen, er sich allerdings auch keine all zu großen Sorgen machen müsse, da die meisten der Abwanderer ohnehin nur Habenichtse und arme Tagelöhner seien. Stattdessen schlug er Jiro vor, doch ein Gesetz zu erlassen, dass alle die sich dazu entschieden das Reich zu wechseln, enteignet würden, so dass sich die eingesessenen Familien einen derartigen Schritt zweimal überlegen würden.
Jiro musste eingestehen, dass der Vorschlag seines Bruders in der Tat besser und viel einfacher umzusetzen war. Doch er war etwas neugierig geworden. Er wollte von seinem Bruder wissen, wie er sich denn zu verteidigen gedenke, wenn er seiner mächtigen Armee den Befehl erteilen würde in Udais Land einzufallen. Udai lachte lediglich und sagte:
"Überhaupt nicht. Aber habe ich dir nicht gesagt, dass eine mächtige Armee dazu verleitet auch eingesetzt zu werden?"
Jiro war darüber recht verärgert und wäre nur all zu gern bereit gewesen, seinem Bruder eine Lektion zu erteilen. Doch anderseits gönnte er ihm nicht die Genugtuung und zudem war da immer noch das Versprechen, dass er seinem Vater gegeben hatte.
Viele Jahre vergingen und der alte König starb schließlich eines natürlichen Todes mit dem beruhigendem Wissen, dass das Experiment seiner beiden Söhne doch weit besser funktioniert hatte, als zuerst befürchtet. Jiro setzte seine starke Regentschaft fort und seine Untertanen lebten in durchaus angenehmen Verhältnissen. Udai hingegen schaffte es fertig, die Erträge seines Landes jedes Jahr zu mehren und ein Kunsthandwerk zu etablieren, dass schon bald in der gesamten Region berühmt war. Schon bald war jene einstmals arme Region reicher als alles was Jiro vorzuweisen hatte.
Mehr als einmal musste sich Jiro eingestehen, dass er auf den Erfolg seines Bruder mehr als neidisch war. Doch er erinnerte sich jedes Mal an sein Versprechen und wenn er in Ruhe darüber nachdachte, so war er mehr und mehr der Überzeugung, dass sein Bruder für seinen Wohlstand einen hohen Preis verlangte. Und so stattet Jiro besuchte er eines Tages seinen Bruder und fragte:
"Was würdest du nur ohne mich tun? Ohne meine Armee wärst du schon lange nicht mehr an der Macht. Eigentlich sollte ich Steuern von dir verlangen!"
Udai war darüber ziemlich überrascht, doch er lächelte nur, denn er ahnte bereits worauf dies hinauslaufen würde.
"Was meinst du damit?"
"Die anderen Königreiche fallen nur deshalb nicht in dein Land ein, weil sie wissen, dass ich dein Bruder bin und dich sofort verteidigen würde."
"Aber nicht doch? Warum sollte irgendeines der anderen Königreiche mich überfallen wollen?"
Jiro wusste natürlich, dass sein Bruder weithin als großartiger Diplomat bekannt war, der mit fast allen anderen Reichen der Region Bündnisse und Verträge geschlossen hatte. Tatsächlich war sein Ruf so groß, dass viele der anderen Könige zu ihm kamen, um seinen Rat zu suchen. Dennoch ließ Jiro nicht locker.
"Wegen deines Reichtums natürlich. Eine Armee mag vielleicht eine Versuchung sein, aber stellt ein unbewachter Schatz nicht ebenfalls ein große Versuchung dar?
Udai nickte daraufhin.
"Das ist schon war. Doch viele Königreiche profitieren von dem Handel mit uns. Für jedes Königreich, dass uns vielleicht zu erobern trachtet kann ich dir drei nennen, die dabei nicht untätig zusehen würden. Doch ich gebe dir recht: Wäre ich nur mit einem Feind konfrontiert, hätte ich vielleicht ein kleineres Problem."
Doch Jiro ließ nicht locker und behauptet weiterhin, dass die Sicherheit in Udai's Reich letztlich nur auf seine Armee zurückzuführen sei. Doch Udai sagte daraufhin:
"Dann entbinde ich dich von deinem Versprechen, mir beizustehen. Sollte mein Reich je angegriffen werden, so eile mir nicht zur Hilfe."
Dies verbreitet er ebenfalls über all seine diplomatischen Kanäle.
Dies löste zunächst zwar einiges Unbehagen aus. Und tatsächlich schienen einige der angrenzenden Königreiche tatsächlich geneigt, dies zu testen, doch Udai schaffte es jedes Mal eine diplomatische Lösung zu finden. Und wieder musste Jiro einige Jahre später einsehen, dass sein Bruder wieder recht behalten hatte.
Doch dann, nur zwei Jahre darauf, geschah das was Udai als *kleineres Problem* bezeichnet hatte. Aus dem Norden drang eine wilde Reiterhorde in die Region ein und fiel über die Königreiche her. Da die Reiche schon so lange in Frieden miteinander gelebt hatten, waren die Armeen wenig Kampferfahren und konnten nicht verhindern, dass die Horde brandschatzend durch die Länder zog und ein Reich nach dem anderen zu Fall brachte.
Jiro wusste sofort, dass dies eine ernsthafte Bedrohung war und sandte sogleich Boten zu seinem Bruder aus, um mit ihm zusammen die Verteidigung ihrer beider Länder zu besprechen. Denn natürlich dachte Jiro keinesfalls ernsthaft daran, seinen Bruder in dieser Lage im Stich zu lassen, auch wenn es schwierig werden würde. Doch anstatt seinen augenscheinlichen Fehler einzugestehen verkündete Udai, das sein Reich keine Unterstützung benötige. Vielmehr ermutigte er Jiro dazu, eine Kräfte auf seinem eigenen Gebiet zu konzentrieren anstatt eine Konfrontation auf breiter Front zu riskieren. Da Jiro sich so intensiv mit dem Kriegshandwerk beschäftigt hatte, wusste er natürlich, dass ein kleiners Gebiet leichter zu verteidigen war. Und so bot er seinem Bruder und seinen Untertanen zumindest Schutz in seinem Reich an. Doch Udai schlug auch das aus, obgleich er seinen Untertanen gerne verkünden würde, dass sie in Jiro's Reich fliehen konnten, sollten sie dies für erforderlich halten.
Jiro konnte nicht verstehen, warum sich sein Bruder einer solchen Gefahr aussetzte. Noch viel erstaunter allerdings war er, dass so wenige von Udais Untertanen von seinem Angebot gebrauch machten und weiterhin zu ihrem ganz offensichtlich wahnsinnigen König hielten. Doch er hatte nicht viel Zeit sich darüber Gedanken zu machen, denn er musste sich um die Verteidigung seines eigenen Landes kümmern.
Es kam wie es kommen musste: Die Horde erreichte Udais Reich und drang ohne den geringsten Widerstand ein. Der Anführer der Horde war ein kampferprobter Stratege, den das ausbleiben jeglichen Widerstandes sogleich misstrauisch machte. So kamen die Reiter in Udais Reich tatsächlich weit langsamer voran, als in den anderen Reichen, da sie sprichwörtlich hinter jedem Hügel mit einer gewaltigen Armee rechneten. Natürlich kam es auch in Udais Reich zu Zerstörungen, doch da die Reiter fast überall wie lang erwartete Freunde willkommen geheißen wurden, war dies eher die Ausnahme als die Regel.
Als sie dann schließlich Udais Schloss erreichten und die Wachen ihnen widerstandslos den Weg freigaben, war der Anführer der Horde schließlich zu der Ansicht gelangt, dass sich der König dieses Reiches angesichts seiner Stärke wohl zu einer bedingungslosen Kapitulation entschlossen habe. Doch als der Udai dann in dessen Tronsaal gegen übertrat, erklärte dieser, dass er nicht gedenke, seine Regentschaft so einfach abzugeben. Daraufhin ließ der Anführer der Horde Udai kurzerhand hinrichten und rechnete fest mit Aufständen im Land. Doch selbst diese Tat wurde scheinbar ohne murren hingenommen.
Als Jiro von dem Tod seines Bruder erfuhr war er sehr zornig und seine Generäle mussten all ihr Überredungsgeschick einsetzen, um ihn davon zu überzeugen, dass ein Angriff zu diesem Zeitpunkt denkbar ungünstig sei, zumal die Reiter auf ihren Pferden auch viel beweglicher waren als die Fußsoldaten die den Großteil von Jiros Streitmacht ausmachten.
Es vergingen einige Wochen bis sich die Reiterhorde wieder in Bewegung setzte und versuchte in Jiros Reich einzudringen. Doch zum ersten Mal auf ihrer langen Reise sahen sie sich mit einem mehr als ebenbürtigen Gegner konfrontiert. Jiros Soldaten mochten vielleicht nicht kampferfahren sein, aber sie waren gut ausgerüstet und ausgebildet. Jiro hatte die Zeit genutzt, um viele Manöver einzustudieren, mit denen er die Horde mehr als einmal empfindlichen Schaden zufügt. An der Grenze zwischen Jiros und Udias Reich kam es zu einigen erbitterten Schlachten, bei denen auf beiden Seiten viele Soldaten ihr Leben ließen.
Schließlich musste der Anführer der Horde zähneknirschend einsehen, dass Jiros Reich nicht zu erobern sei. Er war klug genug, um zu wissen, dass er sich keine größeren Verluste leisten konnte, wenn er seine Macht in den bisher eroberten Gebieten festigen wollte. Die Reiterhorde kam zum Stillstand und ein Waffenstillstand wurde ausgehandelt. Wieder mussten die Generäle lange auf Jiro einreden, damit er einwilligte. Denn natürlich wollte Jiro auch weiterhin seinen Bruder rächen, obgleich seine Armee schon arg dezimiert worden war.
Die kommenden Jahre war der Anführer der Horde voll auf damit beschäftigt, seine Macht zu sichern. Da Udais ehemaliges Land mit Abstand das reichste all seiner Eroberungen - und zudem in der nähe seines ärgsten Feindes war - entschied der Anführer er von nun an in Udais Schloss seine Herrschaft ausüben würde. Und es gab viel zu tun, überall in all den anderen eroberten Königreichen gab es Aufstände, die erst mit erbitterten Kämpfen niedergeschlagen werden konnten. Nur die Bewohner von Udais Reich schienen sich friedlich mit ihrem neuen Herrscher abzufinden.
Doch schon nach kurzer Zeit musste der Anführer der Horde feststellen, dass seine neuen Untertanen sich dennoch alles andere als kooperativ zeigten. Einige versuchten ihm Vorschläge zu unterbreiten, die er meist ignoriert. Gelegentlich ließ er einige Bittsteller sogar hinrichten oder in den Kerker werden, was die anderen aber offensichtlich nicht sonderlich abzuschrecken schien. Er versuchte Steuern zu erlassen, die allerdings nicht bezahlt wurden. Immer wenn er seine Soldaten aussandte an einem Hof oder gar einem ganzen Dorf ein Exempel zu statuieren, mussten seine Soldaten feststellen, dass alle Bewohner in alle Himmelsrichtungen geflohen waren. Gelegentlich tauchten sie irgendwo wieder auf, aber ein Großteil flüchtete wohl auf irgendwelchen versteckten Wegen in Jiros Reich. Er versuchte eine allgemeine Wehrpflicht einzuführen, doch das brachte seine Untertanen nur dazu ihre Söhne zu verstecken oder ebenfalls ins Exil zu schicken. Obgleich der Anführer zu einigen sehr drastischen Maßnahmen griff die zur Verwüstung ganzer Landstriche führte, änderte sich kaum etwas. Nach und nach wurde ihm klar, dass einige der ihm unterbreiteten Vorschläge vielleicht doch nicht ganz so unvernünftig waren.
Derweil konzentrierte sich Jiro gänzlich darauf, seine Armee zu vervollkommnen. Die Veteranen aus den Schlachten mit der Horde wurden Ausbilder für neue Soldaten. Jiro verlangte viel von seinen Untertanen, doch im Anbetracht des Gegners der bislang erfolgreichen Verteidigung des Landes wurden alle Steuern und Pflichten hingenommen, auch wenn es viele Entbehrungen kostet. Innerhalb eines Jahres hatte Jiro eine Armee aufgebaut, wie es sie noch nie zuvor gegeben hatte. Und irgendwann mussten auch die Generäle und Berater einsehen, dass eine Rückeroberung durchaus möglich war.
Und so ging Jiro zum Angriff über. Der Anführer der Horder hatte natürlich von seinen Spoinen erfahren, was in Jiros Reich geschah und Vorbereitungen getroffen, doch als Jiros Soldaten an der Grenze aufmarschierten sah er sich einer gewaltigen Übermacht gegenüber, denn er nicht gewachsen war. Eine erbitterte Schlacht tobte an der Grenze. Unter großen Verlusten wurde ein Großteil der Horde vernichtend geschlagen. Ein Teil - darunter auch der Anführer selbst - versuchte zu fliehen, doch dieses Mal hielt sich Jiro nicht zurück und setze ihnen nach. Viele Monate hetzten sie durch die vielen Länder und kämpften. Am Ende gelang es Jiro den Anführer der Horde zu stellen und besiegte ihn in einem Zweikampf der in der Region schon bald zur Legende wurde.
Jiro hatte seinen Bruder gerächt und die Länder von der Herrschaft der Horde befreit. Damit war nun ein für alle Mal klar, dass er letztlich doch recht gehabt hatte. Udai mochte zeit seines Lebens klüger und schlauer gewesen sein als er, aber er war nicht der bessere Herrscher gewesen, auch wenn es viele Jahre so ausgesehen haben mochte.
Erschöpft von den Strapazen der langen Jagd und den Kämpfen kehren Jiro mit den verbleibenden Soldaten seiner Garde zurück. Auf dem Weg kamen sie an dem Haus eines alten Zauberers vorbei, dessen Ruf ebenfalls legendär war, da sein Haus - trotz sehr detaillierter Wegbeschreibungen - nur von den allerwenigsten gefunden wurde. Der Zauber lud Jiro ein, die Nacht bei ihm zu verbringen und hörte sich aufmerksam seine Geschichte an. Schließlich sagte der Zauberer:
"Ich kann den Geist deines Bruders einmalig beschwören, wenn dein Herz so sehr nach einer Antwort verlangt."
Jiro war ein sehr bodenständiger Mensch und glaubte nicht an Geister. Tatsächlich glaubte er nicht einmal an Magie, obgleich er sich nicht so recht traute, dies dem Zauberer zu sagen. Aber das Verlangen, vielleicht doch noch einmal mit seinem Bruder zu sprechen und aus seinem Munde zu hören, dass er sich geirrt hatte, war größer. So willigte Jiro kurzentschlossen ein.
Der Zauberer begann mit einem langwierigen und düsteren Ritual, über dessen genauen Verlauf Jiro später nie ein Wort verlor, obgleich ihm von vielen anderen Zauberer - oder möchtegern Zauberer - selbst für den kleinsten Hinweis ein Vermögen geboten wurde. Nach fiel Stunden in dem dunklen Labor des Zauberers sah Jiro eine Erscheinung, die tatsächlich das Aussehen seines Bruders vor vielen Jahren annahm.
"Sei gegrüßt, Jiro", verkündete der Geist von Udai klar verständlich, so als wäre er tatsächlich anwesend.
Jiro war den Tränen nahe, schaffte es jedoch erfolgreich sie zurückzuhalten. Man wurde kein so herausragender Feldherr wie er, wenn man seine Gefühle nicht unter Kontrolle halten konnte. Und so erwiderte er lediglich:
"Hallo, Bruder", und da es das erst - und einzige - Mal war, dass er mit dem Geist eines Toten redetet. "Und wie ist es so auf der anderen Seite."
Der Geist von Udai lachte, so wie er es früher oft getan hatte. Und da wusste Jiro, dass er tatsächlich seinen Bruder vor sich hatte und es sich nicht nur um irgendeinen üblen, geschmacklosen Trick des Zauberer handelte.
"Das einem lebenden nicht erklärt werden. Doch ich will es versuchen, dir verständlich zu machen: Was auch immer du dir vorstellst, wie es hier wohl sein mag, es ist anders", sagte Udais Geist. "Doch du hast mich nicht rufen lassen, nur um diese Frage zu stellen. Und ich wäre nicht gekommen, wenn dies dein einziges Anliegen gewesen wäre."
Jiro nickte lediglich und fasste all seinen Mut zusammen.
"Siehst du jetzt ein, dass du einen Fehler gemacht hast?"
"Keinesweg!", sagte Udais Geist und lachte erneut. "Tatsächlich habe ich recht behalten. Oder hast du nicht deine Armee eingesetzt?"
"Nur um mein Reich zu verteidigen!", schrie Jiro erbost auf. Selbst in seinem Tode versuchte Udai noch immer recht behalten zu wollen.
"Schon, aber du hast auch mein ehemaliges Reich erobert."
"Ich habe es von der Horde *befreit*, nicht erobert!!!!"
"Es wird dich vermutlich überraschen, aber der Anführer der Horde war ebenfalls der Ansicht, dass er die Länder befreien würde - befreien von der Herrschaft ihrer dekadenten Könige", erwiderte Udai mit einem verschmitzten Lächeln. "Was er - und letztlich auch du - vergessen hat, war die Menschen zu fragen, ob sie denn auch *befreit* werden wollten."
"Natürlich wollten sie." Jiro war nun wirklich erzürnt über seinen Bruder. "Der Anführer der Horde war ein grausamer Herrscher in deinem Land. Ich habe mit fielen gesprochen, die vor ihm geflüchtet sind."
"Oh ja, da hast du recht. Aber bedenke: Wessen Handeln hat letztlich mehr Menschenleben gekostet, deines oder meines. Die Herrschaft des Anführers mag grausam gewesen sein, doch bei den Kämpfen ist weit mehr Leid entstanden."
Udai schüttelte ruhig den Kopf.
"Abgesehen davon hat er begonnen zu lernen", fuhr er fort und verfiel in seinen üblichen dozierenden Tonfall, den Jiro so sehr hasste. "Wie jeder Eroberer hat er sein ganzes Wissen und Können lediglich dazu verwandt, Macht zu erlangen. Doch als er sie dann hatte, wusste er nicht wirklich damit umzugehen. Mein Volk hat begonnen ihn darin zu unterrichten, in einigen Jahren wäre vielleicht ein viel besserer Herrschafter aus ihm geworden. Das werden wir nun leider nie mehr erfahren."
"Aber er hat dich töten lassen!"
"Ja, in der Tat bin ich für mein Land gestorben. Aber dazu warst du doch ebenfalls bereit oder hast du nicht Seite an Seite mit deinen Soldaten gekämpft und mehr als eine schwere Wunde davongetragen. Wie hätte ich sonst von meinen Untertanen verlangen können, sich dem Anführer zu unterwerfen, wenn ich selbst nicht dazu bereit gewesen wäre, die Konsequenzen zu tragen?"
Daraufhin wusste Jiro im ersten Moment nichts zu erwidern. Doch dann fasste er sich erneut. Sein Bruder war schon immer dazu fähig gewesen die Wahrheit nach eigenem Ermessen auszulegen.
"Du willst mir sagen, dass du deinen Untertanen befohlen hast, ihren neuen Herrscher zu unterrichten?"
"Ich habe es ihnen nicht befohlen! Ich habe ihnen lediglich einen Weg gezeigt, ihre Lebensweise zu verteidigen, ohne dafür Waffen benutzen zu müssen. Ein Volk kann nicht unterworfen werden, wenn jeder einzelne von ihnen fest daran glaubt, das es einen anderen Weg gibt."
Und da verstand Jiro schließlich was Udai ihm schon vor so vielen Jahren versucht hatte zu erläutern, als sie zusammen über das Angebot ihres Vaters diskutiert hatten. Aber er war immer noch nicht bereit, dies als Wahrheit zu akzeptieren. Er dachte an die vielen Berichte zurück, die er aus Udais Reich unter der Herrschaft des Anführers gehört hatte. Und er hatte plötzlich eine Eingebung - das kam nicht all zu oft vor, aber Jiro war alles andere als dumm und seinem Bruder sicherlich mehr als ebenbürtig gewesen, hätte er mehr Zeit dem Studium statt der Jagd gewidmet.
"Glaubst du, deine Untertanen hätten das auch gekonnt, wenn sie keinen Ort gehabt hätten, zu dem sie fliehen konnten? Hätten sie es tun können, wenn der Anführer der Horde nicht so damit beschäftigt gewesen wäre seine Grenzen zu sichern?"
Leider schaffte es der Zauberer nicht länger zu konzentrieren, so dass Udais Geist verschwand bevor er darauf eine Antwort geben konnte. Und da der Zauber einmalig war konnte der Zauberer ihn auch nicht erneut herbeirufen. Doch in dem letzten Gesichtsausdruck, hatte Jiro erkannt, dass er seinen Bruder zum ersten - und damit leider auch einzigen - Mal in echte Bedrängnis gebracht hatte. Vielleicht war das Antwort genug.
Und so verließ Jiro das Haus des Zaubers und kehrte in sein Reich zurück. Er versuchte seinem Volk ein guter König zu sein, ließ sich jedoch nicht von seinen Überzeugung abbringen. Er war noch immer der festen Überzeugung, dass sein Weg der Richtige sei.
*Ich kann nur hoffen, dass das nicht ansteckend ist*
Die Söhne des Königs
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Die Söhne des Königs
"I am a bearer," he sang. "I am a dwelling, I am a messenger ..."
"You are an idiot," Molly Grue said fiercely. "Do you hear me?" You're a magician, all right, but you're a stupid magician."
"You are an idiot," Molly Grue said fiercely. "Do you hear me?" You're a magician, all right, but you're a stupid magician."