AW: Kommunikationsaufruf II
Verfasst: 28.11.2005, 15:31
Wie kommt das eigentlich, dass immer kurz vor einem geplanten Urlaub unendlich viel Stress gemacht wird? Rein theoretisch kann man ja auch Stress abbauen, ohne welchen zu haben, nur leider scheinen das einige Leute nicht wirklich zu begreifen.
Und dann war da noch dieses lustige Abenteuer am Freitag:
Natürlich findet die jährliche Weihnachtsfeier an einem Freitag Abend statt - wo ich mich normalerweise gern' ins Wochenende absetzen würde -, und natürlich lasse ich mich wie üblich breittreten, da auch zu erscheinen – aus Gründen, die im Nachhinein nicht mehr wirklich nachvollziehbar sind.
Jedenfalls führen diese Voraussetzungen dazu, dass ich um 22 Uhr den Zug nach Münster besteige und nicht etwa 4-5 Stunden früher wo es überhaupt keine Probleme gegeben hätte. Überraschenderweise fährt der Zug tatsächlich, wenn auch mit leichter Verspätung. Kurz vor Münster, etwa eine Stunde später und trotz allem noch einigermaßen in der Zeit, halten wird dann mehr oder weniger auf offener Strecke quasi im Nirgendwo und es kommt die fatale Durchsage: "Aufgrund einer Weichenstörung am Bahnhof Münster wird sich die Weiterfahrt unseres Zuges auf unbe... .... für einige Minuten verzögern." (original getreue Niederschrift)
In den darauf folgenden Stunden wurde uns dann reichlich Zeit gewährt über die extreme Dehnbarkeit des Begriffes "einige" zu philosophieren. Da in obigem Satz "einige" als unbestimmtes Numerale benutzt wurde, muss man in der Tat zugeben, dass es es sich nicht um eine Falschaussage handelt. In der Tat dauert es einige Minuten, bis sämtliche Sterne des Universums verglüht sind. Vom psychologischen Standpunkt her wäre es sicherlich empfehlenswert gewesen, statt "einige" den nicht minder zutreffenden Begriff "etliche" zu verwenden. Auch hätte eine zusätzliche Ankündigung der Form "Ich weiß auch nicht, wie lange das hier noch dauert. Wir sitzen hier alle im selben Bo... ... Zug" (Anstelle von absolutem Schweigen) die Situation sicherlich ein wenig menschlicher erscheinen lassen und die anschließende eher staatsrechtliche Erörterung, inwieweit die Wiedereinführung der Prügelstrafe mit dem Grundgesetz vereinbar ist, verhindern können.
Als der Zug dann um kurz vor 2 Uhr morgens schließlich den Bahnhof erreicht kommt dann schließlich die geradezu humoristische zweite Durchsage: "Nächster Halt ... endlich ... Münster Hauptbahnhof." (erneut: Original getreue Niederschrift)
Leider vermag ich keine Aussage darüber zu treffen, ob der Zugbegleiter jenen schicksalhaften Abend überlebt hat. Zumindest war in den Zeitungen nichts über spontane Lynchjustiz, Scheiterhaufen oder dergleichen zu finden – wirklich überrascht hätte es mich allerdings nicht.
Nach kurzer Sondierung der Lage wurden zwei Dinge offensichtlich: 1. Es fahren um diese Zeit keine Busse mehr. 2. Sämtliche Taxifahrer der Stadt werden diesen Tag in ihrem Kalender rot markieren.
Mal ehrlich: Hätte jeder Fahrer der sporadisch auftauchenden Taxis eine spontane Auktion organisiert, welcher der durchgefohrenen Hanseln denn nun einsteigen darf (statt an einem so überholten Konzept wie Warteschlange festzuhalten), sie hätten das Geschäft des Jahrhunderts machen können. Ich gebe zwar zu, dass ich zwar mit einem - sagen wir - Herrn Ackermann wohl nicht hätte mithalten können (ein Herr Ackermann hätte in der vorliegenden Situation kurzerhand das Taxiunternehmen gekauft), aber ich wäre durchaus gewillt gewesen, im oberen Mittelfeld mitzubieten.
Eine kurze Extrapolation basierend auf der Anzahl der Personen vor, der mittleren Wartezeit auf den nächsten überaus glücklichen Taxifahrer und des Geräuschpegels der Debatten, wer den nun als nächster an der Reihe ist (nicht das der Eindruck entsteht, in einer solchen Situation würde ein allgemeiner Konsens über Anfang und Ende der Warteschlange existieren), gelange ich zu der Überzeugung, das Gehen durchaus eine Alternative darstellt ... also vom Bahnhof bis nach Hause ... unter suboptimalen Wetterbedingungen ... etwa 10 Kilometer ...
Es sei angemerkt, dass dies ein geradezu hervorragender Zeitpunkt ist, um festzustellen, dass die Schuhe nicht mehr mehr 100-prozentig Wasserdicht sind. Aber da war es schon zu spät die getroffene Entscheidung nochmals zu überdenken. Vielmehr war es der richtige Zeitpunkt, eine Neubewertung der eigenen Intelligenz und Geisteszustandes vorzunehmen. Vereinfacht ausgedrückt ist "Du blöder Idiot" eine adäquate Zusammenfassung des Resultats dieser Analyse.
Etwa auf halber Strecke hatte ich dann eines jener unausweichlichen skurrilen Erlebnisse. Kommt mir doch jemand entgegen – kurze Zusammenfassung der Lokation: Hauptstraße, ungeräumter Fußgängerstreifen, dünn bebautes Industrie Gebiet, quasi im Nirgendwo – und fragt mich: "Hast du mal eine Zigarette?"
An dieser Stelle ein ernst gemeiner Ratschlag, der euch vielleicht irgendwann einmal das Leben retten kann: Sollte euch je während eines Schneesturmes eine Gestalt mit zwei Umhängetaschen, vereistem Schnee in den Haaren und ziemlich verkniffenem Gesichtsausdruck entgegen stapfen und ihr habt kein Heizkissen, eine Mitfahrgelegenheit oder ein Quantenteleportationsgerät anzubieten, dann macht um Himmels willen einen großen Bogen. Unter gar keinen Umständen sollte ihr versuchen, jene Gestalt anzusprechen, und schon gar nicht mit einer absolut hirnrissigen Frage, die impliziert, dass betreffende Person gerade in Geberlaune ist. Es herrscht akute Lebensgefahr!
Kurz vor Erreichen des heimischen Gefilde, während ich noch versuche die mit dem Wiederauftauen meiner Zehen verbunden Schmerzen vorzustellen und abzuwägen, ob eine Notamputation nicht vielleicht doch das kurzfristig angenehmerer Schicksal ist, kommt mir schließlich die Erleuchtung: "Es gibt einen Gott! Und er hasst mich!"
Alles in allem muss ich sagen, dass sich der Abend wohl doch gelohnt hat. Haben doch viele Menschen für eine derart tiefgreifende religiöse Erkenntnis weit schlimmeres in Kauf genommen.
Und dann war da noch dieses lustige Abenteuer am Freitag:
Natürlich findet die jährliche Weihnachtsfeier an einem Freitag Abend statt - wo ich mich normalerweise gern' ins Wochenende absetzen würde -, und natürlich lasse ich mich wie üblich breittreten, da auch zu erscheinen – aus Gründen, die im Nachhinein nicht mehr wirklich nachvollziehbar sind.
Jedenfalls führen diese Voraussetzungen dazu, dass ich um 22 Uhr den Zug nach Münster besteige und nicht etwa 4-5 Stunden früher wo es überhaupt keine Probleme gegeben hätte. Überraschenderweise fährt der Zug tatsächlich, wenn auch mit leichter Verspätung. Kurz vor Münster, etwa eine Stunde später und trotz allem noch einigermaßen in der Zeit, halten wird dann mehr oder weniger auf offener Strecke quasi im Nirgendwo und es kommt die fatale Durchsage: "Aufgrund einer Weichenstörung am Bahnhof Münster wird sich die Weiterfahrt unseres Zuges auf unbe... .... für einige Minuten verzögern." (original getreue Niederschrift)
In den darauf folgenden Stunden wurde uns dann reichlich Zeit gewährt über die extreme Dehnbarkeit des Begriffes "einige" zu philosophieren. Da in obigem Satz "einige" als unbestimmtes Numerale benutzt wurde, muss man in der Tat zugeben, dass es es sich nicht um eine Falschaussage handelt. In der Tat dauert es einige Minuten, bis sämtliche Sterne des Universums verglüht sind. Vom psychologischen Standpunkt her wäre es sicherlich empfehlenswert gewesen, statt "einige" den nicht minder zutreffenden Begriff "etliche" zu verwenden. Auch hätte eine zusätzliche Ankündigung der Form "Ich weiß auch nicht, wie lange das hier noch dauert. Wir sitzen hier alle im selben Bo... ... Zug" (Anstelle von absolutem Schweigen) die Situation sicherlich ein wenig menschlicher erscheinen lassen und die anschließende eher staatsrechtliche Erörterung, inwieweit die Wiedereinführung der Prügelstrafe mit dem Grundgesetz vereinbar ist, verhindern können.
Als der Zug dann um kurz vor 2 Uhr morgens schließlich den Bahnhof erreicht kommt dann schließlich die geradezu humoristische zweite Durchsage: "Nächster Halt ... endlich ... Münster Hauptbahnhof." (erneut: Original getreue Niederschrift)
Leider vermag ich keine Aussage darüber zu treffen, ob der Zugbegleiter jenen schicksalhaften Abend überlebt hat. Zumindest war in den Zeitungen nichts über spontane Lynchjustiz, Scheiterhaufen oder dergleichen zu finden – wirklich überrascht hätte es mich allerdings nicht.
Nach kurzer Sondierung der Lage wurden zwei Dinge offensichtlich: 1. Es fahren um diese Zeit keine Busse mehr. 2. Sämtliche Taxifahrer der Stadt werden diesen Tag in ihrem Kalender rot markieren.
Mal ehrlich: Hätte jeder Fahrer der sporadisch auftauchenden Taxis eine spontane Auktion organisiert, welcher der durchgefohrenen Hanseln denn nun einsteigen darf (statt an einem so überholten Konzept wie Warteschlange festzuhalten), sie hätten das Geschäft des Jahrhunderts machen können. Ich gebe zwar zu, dass ich zwar mit einem - sagen wir - Herrn Ackermann wohl nicht hätte mithalten können (ein Herr Ackermann hätte in der vorliegenden Situation kurzerhand das Taxiunternehmen gekauft), aber ich wäre durchaus gewillt gewesen, im oberen Mittelfeld mitzubieten.
Eine kurze Extrapolation basierend auf der Anzahl der Personen vor, der mittleren Wartezeit auf den nächsten überaus glücklichen Taxifahrer und des Geräuschpegels der Debatten, wer den nun als nächster an der Reihe ist (nicht das der Eindruck entsteht, in einer solchen Situation würde ein allgemeiner Konsens über Anfang und Ende der Warteschlange existieren), gelange ich zu der Überzeugung, das Gehen durchaus eine Alternative darstellt ... also vom Bahnhof bis nach Hause ... unter suboptimalen Wetterbedingungen ... etwa 10 Kilometer ...
Es sei angemerkt, dass dies ein geradezu hervorragender Zeitpunkt ist, um festzustellen, dass die Schuhe nicht mehr mehr 100-prozentig Wasserdicht sind. Aber da war es schon zu spät die getroffene Entscheidung nochmals zu überdenken. Vielmehr war es der richtige Zeitpunkt, eine Neubewertung der eigenen Intelligenz und Geisteszustandes vorzunehmen. Vereinfacht ausgedrückt ist "Du blöder Idiot" eine adäquate Zusammenfassung des Resultats dieser Analyse.
Etwa auf halber Strecke hatte ich dann eines jener unausweichlichen skurrilen Erlebnisse. Kommt mir doch jemand entgegen – kurze Zusammenfassung der Lokation: Hauptstraße, ungeräumter Fußgängerstreifen, dünn bebautes Industrie Gebiet, quasi im Nirgendwo – und fragt mich: "Hast du mal eine Zigarette?"
An dieser Stelle ein ernst gemeiner Ratschlag, der euch vielleicht irgendwann einmal das Leben retten kann: Sollte euch je während eines Schneesturmes eine Gestalt mit zwei Umhängetaschen, vereistem Schnee in den Haaren und ziemlich verkniffenem Gesichtsausdruck entgegen stapfen und ihr habt kein Heizkissen, eine Mitfahrgelegenheit oder ein Quantenteleportationsgerät anzubieten, dann macht um Himmels willen einen großen Bogen. Unter gar keinen Umständen sollte ihr versuchen, jene Gestalt anzusprechen, und schon gar nicht mit einer absolut hirnrissigen Frage, die impliziert, dass betreffende Person gerade in Geberlaune ist. Es herrscht akute Lebensgefahr!
Kurz vor Erreichen des heimischen Gefilde, während ich noch versuche die mit dem Wiederauftauen meiner Zehen verbunden Schmerzen vorzustellen und abzuwägen, ob eine Notamputation nicht vielleicht doch das kurzfristig angenehmerer Schicksal ist, kommt mir schließlich die Erleuchtung: "Es gibt einen Gott! Und er hasst mich!"
Alles in allem muss ich sagen, dass sich der Abend wohl doch gelohnt hat. Haben doch viele Menschen für eine derart tiefgreifende religiöse Erkenntnis weit schlimmeres in Kauf genommen.